Allgäuer Zeitung vom 23.11.2001
Kunst-Projekt mit Heimatpreis belohnt
Von unserem Redaktionsmitglied Klaus-Peter
Mayr
Wo die Holzstätter Höhe liegt? Irgendwo
im Dreieck zwischen Obergünzburg, Kaufbeuren und Mindelheim. Dort
oben, im Grenzgebiet zwischen Ost- und Unterallgäu gibt es keine
größeren Straßen, nur Wege, Wälder und Wiesen.
Holzstätt ist eine Ansammlung kleiner Weiler, die beispielsweise
Stehlings, Webams oder Völken genannt werden und zu Eggenthal (Landkreis
Ostallgäu) gehören.
In dieser idyllischen Abgeschiedenheit blühen zwei
eng verzahnte Kultur-Projekte, die nun für Aufsehen sorgen. Da
ist die "Kulturraststätte" des Keramikkünstlers
Menni Bachauer und seiner Frau Carmen Hauptmann in Webams. Und dann
gibt es das Modellprojekt mit dem künstlichen Namen "ARTour".
Über ein Dutzend Künstler, Bauern und Gastronomen haben sich
zu einem Netzwerk zusammengetan, das Kunst und Landtourismus fördern
will. Die Initiatoren und Motoren der beiden Projekte, Sven Müller
und Menni Bachauer, sind gestern in Benediktbeuren mit dem bayerischen
Heimatpreis (gestiftet von den Volks- und Raiffeisenbanken) ausgezeichnet
worden. Preisgeld: 5000 Mark.
Während die Kulturraststätte von Bachauer sich
seit der Gründung vor vier Jahren mit einer Galerie, einem großen
Veranstaltungsraum und einem kleinen Café längst etabliert
hat und zu den Ausstellungen, Konzerten und Märkten teilweise Tausende
von Besuchern auf die Holzstätter Höhe lockt, steckt ARTour
noch in den Kinderschuhen. "Das Projekt hat noch nichts Sichtbares
hervorgebracht", sagt Künstler und Designer Sven Müller,
der mit seiner Frau Jusha ein Atelier in Stehlings betreibt. Seit dem
Startschuss vor gut einem Jahr haben Müller, Bachauer und ihre
Mitstreiter ein Netzwerk geflochten, ist ein Info-Prospekt erschienen,
hat der Markt Rettenbacher Künstler Pit Kinzer eine Internetseite
(www.artourholzstaett.de) erstellt. Richtig durchstarten möchten
Müller und Bachauer im nächsten Jahr. Dann sollen Pakete geschnürt
werden, die beispielsweise einen Kurs in Landschaftsmalerei mit einer
Bergtour verbinden. Oder Aktmalerei mit einer Kunstfahrt zu den "Erostischen
Damen", einem Brunnen in Kaufbeuren. 2002 könnte auch der
Spatenstich für einen Kunstpfad getan werden.
Bei all dem soll das künstlerische Niveau eine bestimmte
Grenze nicht unterschreiten, erklärt Müller. "Wir wollen
keine Weihnachtsmarktkultur oder Osterbasteln. Uns geht es um sanften,
aber auf jeden Fall gehobenen Kultur-Tourismus." Ihm schwebt zudem
vor, Künstler von Weltruf nach Holzstätt zu locken, etwa Andy
Goldsworthy, der mit Materialien aus der Natur arbeitet.
Dass sich schnell Erfolg einstellen wird, glaubt Müller
nicht. "Unser Projekt wird erst in drei bis fünf Jahren Früchte
tragen", sagt er. Doch damit es dazu kommt, müssen noch einige
grundlegende Dinge auf die Reihe gebracht werden. Als da wären:
dem Netzwerk eine rechtliche Form zu geben und die Finanzierung auf
ein solides Fundament zu stellen. Fördertöpfe sollen dazu
ebenso angezapft werden wie private Sponsoren.
Dass sie nun den Heimatpreis
aus der Hand des Bayerischen Landwirtschaftsministers Josef Miller
erhalten haben, werten Müller und Bachauer als weiteren kleinen
Schritt in Richtung Erfolg. Ebenso auch, dass gleich zwei verschiedene
Redaktionen des Bayerischen Fernsehens den Weg von München zur
Holzstätter Höhe auf sich genommen haben, um über ARTour
zu berichten (heute ab 17.45 Uhr in der "Abendschau"). Denn
eines sei ganz wichtig: bekannter zu werden. Müller: "Dann
profitieren die Beteiligten und die Region."