Projekt ARTour Holzstätt
auf Tour
Eine sommerliche Land- und Kunstpartie
durchs Allgäu
Kunst, Kultur - und Käse. Die Zusammenstellung
ist wohl einzigartig für eine künstlerische
Landpartie von Tür zu Tür, hin zu Stationen, die oft nur wenige
Kilometer auseinanderliegen.
Kulturraststätten sind es allemal, die von den rund
vierzig mitreisenden Gästen besucht
und besichtigt wurden: Kunstateliers, Galerien, Ferien- und Gasthöfe
der besonderen Art
sowie der Malersaal eines bekannten Bühnenmalers.
Was vor etwa 2 Jahren mit staatlicher Förderung
als bundesweites Modellprojekt begann,
hat sich zwischenzeitlich zu einem ausgewachsenen touristischen Kunst-
und Kulturprojekt gemausert, das sich mitgroßem Ideenreichtum
und viel Eigeninitiative - und mittlerweile mit dem bayerischen Heimatpreis
versehen - immer größerer Bekanntheit auch über die
Allgäuer Grenzen hinaus erfreut.
In diesem Jahr wartet ARTour zum ersten Mal
mit einem Kurz- und Kunsturlaubsprogramm auf, eingeflochten in Musikveranstaltungen
und Ausstellungen, Seminare, lukullische Vergnügungen und eben
eine solche Kunst-Rundfahrt, wie sie dieses Jahr zum zweiten Male stattfand.
Die Teilnehmer der ARTour-Runde
sind zum einen ortsansässige Künstler, zum anderen
Landwirte und Gastronomen. Bisweilen allerdings kann die Trennung nicht
ganz so scharf gezogen werden: da betreibt ein Bildhauer nebenher die
Schweineaufzucht, der Gastronom wird zum Metzger, der Landwirt zum Gastronom
oder Gäste- und Seminarhaus-Betreuer und der Künstler zum
Galeristen. Und vielleicht ist es ja gerade diese Mischung aus Landverbundenheit
und Künstlerdasein, aus bäuerlichem Schaffen und Gastfreundschaft,
aus Tradition und Moderne, was dieses Projekt einerseits so anziehend
für Gäste und Kunstliebhaber macht und andererseits so zeitgemäß
- stärkt es doch auf seine Art die allseitigen Bestrebungen den
ländlichen Raum zu stärken und ihn einem sanften Tourismus
zugänglich zu machen.
Die Idee für das ARTour-Projekt entstand
auf jener Hochebene an der Grenze zum Unterallgäu, die den Einheimischen
noch unter dem alten Kulturnamen Holzstätt bekannt
ist. Einer Gegend mit besonderem Licht und Ausstrahlung, großer
Ruhe und grandiosen Ausblicken auf die Alpenkette, deren verstreute
Weiler so malerische Namen tragen wie Blumenried, Beschaunen, Webams,
Stehlings oder Völken, heute alles Ortsteile der Gemeinde Eggenthal,
die dem Projekt wohlwollend und fördernd zur Seite steht.
Hier lebt neben anderen Kunstschaffenden auch der Künstler und
Designer Sven Mueller, der vor zwei Jahren das Konzept zu diesem Projekt
entwickelte und mittlerweile gemeinsam mit dem Keramiker Menni Bachauer
- der die dort ansässige Galerie und Kulturraststätte Webams
betreibt - und dem Markt Rettenbacher Maler, Medien- und Druckkünstler
Pit Kinzer ARTour Holzstätt weiterentwickelt und vorantreibt. Die
Vernetzung des ursprünglich auf die Holzstätt bezogenen Projektes
ist inzwischenlandkreisübergreifend - die Hälfte der 14 Teilnehmer
sind im Unterallgäu angesiedelt.
Und der Landrat stößt ins Horn
Die Tour de Kultur begann dieses Jahr im Kunstatelier
von Sven und Jusha Mueller in Stehlings mit einem kleinen Empfang bei
Sekt und Konfekt, begleitet von einer Ausstellung der Malerin und Modellen
der Künstlergruppe art.em. Nach einem kleinen Spaziergang und Besichtigung
des benachbarten Kunst-, Seminar- und Ferienhofs Feneberg - teilweise
gestaltet von Künstlern der gruppe art.em - bestiegen die ca. 40
Gäste einen brandneuen Reisebus auf Jungfernfahrt, die vom Mindelheimer
und Kaufbeurer Reiseunternehmer Wolfgang Steber gesponsort wurde.
Von dort ging es dann mit 40 Stundenkilometern über kleine bis
winzige Sträßchen durch idyllische Hügel und Täler,
Wiesen und Wäldchen nach Oberegg. Im Schatten einer großen
Kastanie waren dort beim Wohlfühl-Bauernhof Preissinger
Tische und Bänke aufgestellt, wo die illustre Reisegesellschaft,
stets begleitet von einer Bordhostess mit Bauchladen und jungen Schauspielern
der Kulturwerkstatt Kaufbeuren, mit Kaffee, Kuchen und hausgemachtem
Käse aufs Beste bewirtet wurde. In zwei Gruppen wurden die Gäste
von Hausherr und Hausherrin durch das, unter Beratung der Künstlergruppe
art.em, neu renovierte und in meditativem Stil eingerichtete Gäste-
und Seminarhaus geführt.
Im Malersaal von Werner Schmidbauer im Unteregger Kulturegg,
der dort unter anderem die Bühnenbilder des Ludwig- Musicals schuf,
wurden die Teilnehmer vom überraschend angereisten Unterallgäuer
Landrat Haisch mit zwei selbstgespielten Stücken auf dem Alphorn
empfangen, der sich auf diese Weise bei den Organisatoren des ARTour
Holzstätt Projektes für deren kunsttouristische Initiative
bedankte.
Hier erfuhren die Gäste Wissenswertes über die Entstehung
von Bühnenbildern und besuchten die Ausstellung von drallen Frauenfiguren
und keramischer Gebrauchskunst in
der angegliederten Ateliergalerie von Konstanze Schmidbauer.
Vorletzte Kunststation war dann die Galerie
am Schloss in Markt Rettenbach mit Druckwerkstatt von Pit Kinzer. Hier
gab es neben der Ausstellung von großformatigen Fotoarbeiten und
einem Aperetif eine interessante Vorführung konzeptioneller Computer-Kunst
zu sehen.
Nach einem mehr als opulenten Buffet mit Allgäuer Schmankerln aus
der Region auf der sommerlichen Terasse des Goldenen Kreuz
im Nachbarort Engetried - musikalischen Empfang inbegriffen - waren
sich die Gäste einig, in jedem Fall auch dieser ARTour-Station
kulinarischer Esskultur nicht den letzten Besuch abgestattet zu haben.
In bester Laune fuhr die Gesellschaft
durch die abendliche Allgäuer Landschaft zurück in die Holzstätt,
zur letzten Station, einem Salsa-Konzert in der Kulturraststätte
Webams
und deren romantisch beleuchteten Cocktailbar mit Gastgarten. Hier fand
die im wahrsten Sinne kunstvolle Tour dann auch, für alle die noch
nicht müde waren, mit Tanzvergnügen, Künstler-gesprächen
und hervoragend gemixten Cocktails ihren fröhlichen Abschluss.
Einig waren sich die Teilnehmer, daß dieses Projekt auf fantasievolle
Art neue Anstösse vermittelt und auch weitgereiste Gäste hier
eine lebendige und durchaus hochklassige
Kunstszene vorfinden, die gepaart mit der Allgäuer Gastfreundschaft
und der reizvollen Landschaft auch mehr als einen Kurzurlaub wert ist.
Ein Ausflug für kunstinteressierte Allgäuer in die Holzstätt
aber lohnt sich allemal.
Sven Müller